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Im Gegensatz zum menschlichen Gehirn ist Künstliche Intelligenz (KI) in der Lage, innerhalb von Sekundenbruchteilen riesige Mengen an Daten auszuwerten. Diese Fähigkeiten machen sich Unternehmen zunutze, um mithilfe von KI Prozesse zu optimieren und die Kundenerfahrung zu verbessern. Richtig eingesetzt führt maschinelles Lernen und Datenanalyse mit KI zur besseren Datennutzung und höheren Konversionsraten.
Die Analysten von Gartner prognostizieren den globalen Geschäftswert von KI für 2018 auf insgesamt 1,2 Milliarden US-Dollar. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Anstieg um 70 Prozent. John-David Lovelock, Research Vice President bei Gartner, sieht KI gar als die disruptivste Technologie der nächsten zehn Jahre. Den grössten Wert aus dem Einsatz von künstlicher Intelligenz ziehen Unternehmen seiner Meinung nach in den nächsten Jahren aus der Verbesserung der Customer Experience.
Gerade für das Marketing birgt KI also enormes Potenzial. Viele Marketing-Manager haben dies bereits erkannt. Laut einer aktuellen Studie des CRM-Anbieters Salesforce setzen derzeit 50 Prozent der CMOs künstliche Intelligenz in ihrem Unternehmen ein und mehr als ein Viertel plant dies in den kommenden zwei Jahren. Für 57 Prozent der Befragten, die KI nutzen, ist sie absolut oder sehr wichtig, um Ein-zu-eins-Marketing über jeden Kontaktpunkt hinweg zu verwirklichen.
Programmatic Advertising
Programmatic Advertising ermöglicht es, Anzeigen vollautomatisiert und individualisiert auszuspielen. Dabei handeln verschiedene Plattformen ohne menschliches Eingreifen den Ein- und Verkauf von Werbeflächen in Echtzeit aus. Zugrunde liegen aufwändige Analyse-Prozesse, die häufig schon von KI unterstützt werden.
Denn je genauer die Systeme das Nutzerverhalten kennen, desto besser verstehen sie auch die Customer Journey des Kunden und desto treffsicherer können sie Anzeigen platzieren. Künftig wird künstliche Intelligenz das Programmatic Advertising noch stärker beeinflussen, indem sie zum Beispiel auch Wetterdaten oder die aktuelle Stimmung des Kunden miteinbezieht.
Predicitve Analysis
Anhand von historischen Daten aus dem Nutzerverhalten können selbstlernende Algorithmen Muster erkennen und künftige Verhaltensweisen voraussagen. Das hilft zum Beispiel dabei, Kunden noch treffsicherer mit Content zu versorgen oder sie im Retargeting zur richtigen Zeit auf dem richtigen Kanal an ihre Kaufabsicht zu erinnern.
Ein besonders beliebtes Anwendungsgebiet für Predictive Analytics, also vorausschauende Analysen, ist die Kündigungsprävention im Kundenservice. Mitarbeiter können durch die Auswertung von Nutzerdaten erkennen, ob ein Kunde unzufrieden ist und Kündigungsabsichten mit sich trägt. Dabei werden zum Beispiel Textnachrichten auf bestimmte Schlagworte oder Stimmungsindikatoren analysiert und das Nutzerverhalten mit historischen Mustern abgeglichen. Der Kundenservice kann dann rechtzeitig mit besonderen Angeboten auf unzufriedene Kunden zugehen, um sie zu halten.
Chatbots
Immer beliebter wird auch der Einsatz von Chatbots im Kundenservice. So ist zum Beispiel die Anzahl der verfügbaren Bots im Facebook Messenger von Juni 2016 bis Januar 2018 von 11 auf 200 gestiegen.
Solche Systeme ermöglichen es dem Kunden, in natürlicher Sprache mit einem Computersystem zu kommunizieren. Ein Chatbot fungiert als virtueller Assistent und kann zum Beispiel wiederkehrende Standardfragen beantworten oder einfache Beratungsaufgaben übernehmen.
Für den Kunden hat das einerseits den Vorteil, dass er rund um die Uhr Hilfe findet und nicht in einer Hotline warten muss. Auf der anderen Seite wird der Kundenservice entlastet und kann sich um komplexere Fragen kümmern. Laut der aktuellen Studie „Kommunikation per Chatbot“ des Meinungsforschungsinstituts YouGov kann sich heute bereits jeder zweite Deutsche eine automatisierte Kommunikation mit einem Computerprogramm vorstellen. 62 Prozent der Befragten empfinden es als Vorteil, nicht an Öffnungszeiten gebunden zu sein. 61 Prozent sehen fehlende Warteschleifen als grössten Pluspunkt und 55 Prozent versprechen sich von Chatbots eine schnelle Beantwortung von Standardfragen.
Noch haben viele Chatbots die Einschränkung, dass sie zu wenig „menscheln“. Sie verstehen meist nur Fragen, die in einer bestimmten Form gestellt sind. Künftig wird hier verstärkt KI zum Einsatz kommen, die freie Texte und auch gesprochene Sprache versteht und mit jeder Frage dazulernt.
Content Erstellung
Etliche grosse Online-Shops nutzen bereits die Möglichkeit, mithilfe von intelligenten Content-Systemen automatisiert Produkttexte in verschiedenen Formaten und Sprachen zu generieren.
Die Programme extrahieren dafür Informationen aus unterschiedlichen Quellen und verarbeiten diese. Die Textroboter müssen dafür allerdings im Vorfeld von Menschen trainiert werden. Ein Beispiel ist die Cognitive Content Management Lösung „spheer“ von Kontrast Communication Services in Zusammenarbeit mit AX Semantics. Für komplexere Formate wird man aber auch künftig noch menschliche Autoren benötigen.
Ausblick
Es ist zu erwarten, dass KI-Systeme immer besser werden und immer mehr Anwendung im Marketing finden. Schon heute ist künstliche Intelligenz vor allem bei Performance-orientierten Kampagnen nicht mehr wegzudenken. Selbstlernende Algorithmen werden das Marketing der Zukunft grundlegend verändern und die Anforderungen an Marketer in Richtung Datenkompetenz verschieben.
Vor diesem Hintergrund wird es in Zukunft immer wichtiger werden, mit einem Digital Marketing Dienstleister zusammenzuarbeiten, der bereits über das erforderliche Know-how verfügt und entsprechend beraten kann.
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Über den Autor:
Holger Neckenbürger ist Head of Digital Marketing bei der Fullservice-Digitalagentur Namics – A Merkle Company. Der studierte Diplomkaufmann und Digitalexperte kam bereits 2015 zu Namics und verantwortete dort die strategische Beratung im Digital Marketing. Zuvor war er unter anderem als Lehrbeauftragter an der Steinbeis-Hochschule und in der digitalen Strategieberatung bei der komdat.com tätig
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